#oskarRedetMit – Peter Wagenknecht, Projektleitung von oskar

Über sich reden – na ja, macht man nicht so gern. Das überlässt man besser anderen. Aber Ausnahmen bei besonderen Anlässen sind schon mal möglich. So wie jetzt bei oskar. Da geht nach viereinhalb Jahren das Projekt „Gut, dass du da bist – Engagement als Weg sozialer Teilhabe“ zu Ende. Es wurde vom Europäischen Sozialfond gefördert. Nun ist Zeit, Bilanz zu ziehen. Lesen Sie, was Peter Wagenknecht, Projektleitung von oskar | freiwilligenagentur lichtenberg, zum Abschluss des Projektes sagt.

Welche Erwartungen sind in Erfüllung gegangen, die Du beim Start des Projektes hattest?

Peter Wagenknecht: Mit dem Projekt wollten wir Menschen erreichen, die aus verschiedenen Gründen sozial nicht so gut eingebunden sind, vor allem wegen längerer Erwerbslosigkeit, gesundheitlicher Einschränkungen oder anderer Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit. Ihnen wollten wir freiwilliges Engagement als einen Weg zur sozialen Teilhabe eröffnen, das hat gut geklappt. Viele der Interessierten konnten wir ins Engagement vermitteln. Außerdem haben wir sie mit Coaching und Fortbildungen unterstützt und ihnen vor allem viel Austausch ermöglicht. Die Freiwilligen haben sich gegenseitig geholfen und gestärkt, ihr freiwilliges Engagement war tatsächlich ein Weg zur sozialen Teilhabe.
Zugleich haben sie an den Orten, wo sie sich eingebracht haben, die positiven Effekte ihres Engagements erlebt. Wir freuen uns, wenn das weitergeht und wir auch weiter mit den – jetzt ehemaligen – Teilnehmenden des Projekts in Verbindung bleiben.

Ein Mann mit einem Mikrofon sitzt auf einer Bühne
Peter Wagenknecht bei einer Veranstaltung

Auch eine zweite Seite hat gut funktioniert. Wir wollten die Engagement-Landschaft in Hohenschönhausen stärken. Die nördliche Hälfte Lichtenbergs, eben Hohenschönhausen, kommt manchmal zu kurz. Wir wollten das Engagement, das es hier vielfältig gibt, sichtbar machen und unterstützen.

Wir haben die Teilnehmenden unseres Projekts gemeinsam mit anderen Freiwilligen in Hohenschönhausen gefördert, um sie in der Landschaft des freiwilligen Engagements nachhaltig zu verankern. So gab es eine Reihe von Angeboten, die auch anderen Freiwilligen offenstanden. Außerdem haben wir für unsere Teilnehmenden viele neue Engagement-Möglichkeiten akquiriert und dazu unsere Kontakte zu den Trägern in Hohenschönhausen intensiviert, in einigen Fällen sogar erst aufgebaut. Dieses Netzwerk ist ein ebenfalls ein positives Ergebnis, die Kontakte werden wir hegen und pflegen und ausbauen.

Freiwilliges Engagement ist eine Sache der Bürgerinnen und Bürger und es verändert sich ständig. Deshalb wird immer wieder neu ausgehandelt, was genau in der nächsten Zeit durch die Kommune, das Land, den Bund oder die EU gefördert wird.

Peter Wagenknecht

Gern hätten wir auch die Träger und Einrichtungen, bei denen sich die Freiwilligen engagieren, stärker unterstützt. Bei den Kolleginnen und Kollegen dort trafen wir mit dem Thema soziale Teilhabe durch Engagement auf Offenheit und großes Interesse. Viele von ihnen würden dazu gern mehr Angebote machen, aber ihnen fehlen Ressourcen – Zeit, Geld, auch Know-how. Wir hätten ihnen gern Beratungen, Fortbildungen und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch angeboten. Aber das war im Rahmen des Projekts nicht möglich.

Was wirst Du besonders vermissen, wenn es das Projekt nun ab Juli 2023 nicht mehr gibt?


Diese Atmosphäre des „Komm, lass uns das zusammen machen“ – die würde ich gern weiter erleben. Ich hoffe, dass uns die ehemaligen Teilnehmenden verbunden bleiben, dass sie sich ab und zu bei oskar treffen, und uns auch bei unseren neuen Aktivitäten begleiten und unterstützen.

Die Freiwilligen aus dem Projekt sind eine muntere Gruppe von Menschen, die sich austauschen, gegenseitig unterstützen und viel miteinander unternehmen. Viele von ihnen kamen in einer Situation des Übergangs zu uns: Nach dem Schulabschluss, aber ohne Idee für eine Ausbildungsrichtung, in einer scheinbaren beruflichen Sackgasse, an der Schwelle vom Berufsleben in die Altersrente, geflüchtete Menschen auf der Suche nach gesellschaftlicher Einbindung, vor allem aber auch Menschen in der Neuorientierung auf Grund physischer oder psychischer Einschränkungen.

Mich hat beeindruckt, wie eigentlich alle von ihnen sich im Laufe des Projekts persönlich weiterentwickelt haben. Am Anfang war oft Zurückhaltung, teils Skepsis spürbar. Heute setzen viele ihre eigenen Vorhaben und Projekte um und nehmen dabei andere Freiwillige mit.

Warum gelingt es nicht, offensichtlich sinnvolle und gefragte Angebote zu verstetigen? Liegt es nur am Geld?

Der Europäische Sozialfonds ESF hat unser Projekt zuerst zwei Jahre, und dann nochmals zweieinhalb Jahre gefördert, also insgesamt ziemlich lange. In dieser Zeit ist etwas gewachsen, das Bestand haben wird. Alle Projekt-Teilnehmenden haben ein Engagement gefunden, viele sogar mehrere. Sie sind fit darin, bei Bedarf ein Engagement zu beenden und ein neues zu finden. Sie haben untereinander soziale Beziehungen entwickelt und können sich gegenseitig unterstützen. Sie werden, da bin ich ganz sicher, sich auch weiterhin miteinander austauschen und zusammen gute Erlebnisse haben.

Ich bin optimistisch, dass die Förderung der sozialen Teilhabe im Engagement sich bei uns, bei oskar, fest etabliert hat. Wir haben bei diesem Thema viel gelernt, wir haben Netzwerke geknüpft und Neues geschaffen.

Peter Wagenknecht


Was wir Zukunft nicht mehr wie bisher anbieten können, ist die besonders intensive Begleitung von Menschen, für die es schwer ist, ein passendes Engagement zu finden, obwohl gerade sie besonders viel davon hätten, sich zu engagieren. Menschen, die im Risiko sozialer Isolation leben. Diese Begleitung ist sehr aufwändig. Im Rahmen des Projekts waren bei uns zwei Mitarbeitende in Vollzeit und vier weitere in einem Teil ihrer Arbeitszeit damit beschäftigt. Aber aus guten Gründen ist die Unterstützung des freiwilligen Engagements nicht in Form eines Kataloges von staatlichen Pflichtaufgaben fest geregelt (so wie zum Beispiel Sozialleistungen).

Freiwilliges Engagement ist eine Freiwilliges der Bürgerinnen und Bürger und es verändert sich ständig. Deshalb wird immer wieder neu ausgehandelt, was genau in der nächsten Zeit durch die Kommune, das Land, den Bund oder die EU gefördert wird. enn dann ein Projekt, an dem das eigene Herz hängt und in dem viel Gutes entstanden ist, zu Ende geht, so wie das unsere, ist das natürlich sehr schade. Und natürlich ist es kein Trost, dass dafür an anderer Stelle etwas anderes Gutes entsteht und etwas Anderes ausprobiert werden kann. Trotzdem sollten wir das nicht vergessen.

Und noch etwas ist wichtig: Projekte sind zeitlich begrenzt, aber sie haben oft Wirkungen, die über ihre Laufzeit hinausreichen. Ich bin optimistisch, dass die Förderung der sozialen Teilhabe im Engagement sich bei uns, bei oskar, fest etabliert hat. Wir haben bei diesem Thema viel gelernt, wir haben Netzwerke geknüpft und Neues geschaffen. amit werden wir weiterarbeiten. Ich denke, dass wir in der Zukunft auch wieder ein Projekt in diesem Feld entwickeln und umsetzen werden. Und wie schon gesagt, die meisten ehemaligen Teilnehmenden des Projekts werden sich weiterhin freiwillige engagieren und auch mit oskar in Verbindung bleiben, da sind wir bei oskar ganz sicher und darauf freuen wir uns.


Dieses Interview entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Zeigen, was geht! – Redaktion steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei Gül Yavuz: guel.yavuz@oskar.berlin