Die Fragen stellte Peter Breitfeld Fotos: wirBerlin
Wer auf der Internetseite von wirBerlin stöbert, der erfährt zur Historie, dass sich die Initiative wirBerlin 2010 aus der Bürgerplattform „Stadtgespräch Berlin“ entwickelt hat, dass sie seit Ende 2013 als gemeinnütziger, eingetragener Verein agierte und seit Anfang 2019 als gemeinnützige GmbH aktiv ist. Oskar wollte mehr wissen, was und wer sich hinter wirBerlin genau verbirgt und sprach mit Sebastian Weise, Projektleiter der wirBerlin gGmbH
oskar: wirBerlin – wer diesen Namen für seine Gesellschaft wählt, der will damit Identifikation mit der Stadt zum Ausdruck bringen. Das aber sicher nicht allein. Welches Anliegen und welche Ziele verbinden sich mit wirBerlin?
Sebastian Weise: Die klare Zielsetzung: der „verantwortungsbewusste Bürger“. Wir wollen den Bürger für Zukunftsfragen stark machen und zu eigenverantwortlichem Handeln für einen nachhaltigen, umwelt- und ressourcenschonenden Lebensstil befähigen. Dies geht nur über eine breite gesellschaftliche Information und Aufklärung, Aktivierung und Motivation sowie dem Aufzeigen von Handlungsalternativen.
Vor diesem Hintergrund aktiviert die wirBERLIN gGmbH seit 2010 bürgerschaftliches Engagement und Mitverantwortung für Erscheinungsbild und Qualität öffentlicher Räume. Hierzu stärken wir die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des öffentlichen, zivilgesellschaftlichen und privaten Sektors. Neben Müllvermeidung und -beseitigung stehen Verantwortung und Verpflichtung gegenüber unserer Umwelt sowie zukunftsfähige Konzepte, Produkte und Innovationen im Vordergrund. Dazu führt wirBERLIN verschiedenste Projekte und Maßnahmen durch wie Anti-Littering-Kampagnen, Bürgerdialoge, Fachdiskussionen, Umweltbildung für Kinder und Jugendliche, Cleanups. Seit 2011 veranstalten wir jährlich einen stadtweiten Aktionstag.
Littering. Wer den Begriff nicht kennt und auch nicht erst googeln möchte, was versteht man darunter?
Unter Littering versteht man die Vermüllung der öffentlichen Räume durch uns Menschen. Dabei ist nicht entscheidend, wie die Vermüllung entsteht. Die häufigsten Gründe für Littering sind Bequemlichkeit, Faulheit, Gleichgültigkeit, Achtlosigkeit und mangelndes Bewusstsein. Besonders häufig in der Umwelt oder auf den Straße sind Zigarettenkippen, Kronkorken, Kaugummireste, Fast-Food-Verpackungen, Plastiktüten, Flaschen und Coffee-to-Go-Becher zu finden.
wirBerlin ist als Bürgerplattform gestartet. Dann war die Initiative als eingeschriebener, gemeinnütziger Verein unterwegs. Jetzt agiert wirBerlin als gemeinnützige GmbH. Die Organisationsform scheint Ihnen wichtig zu sein. Ist das so und warum?
Nein. Unsere Mission – unsere Ziele und Inhalte sind uns wichtig. Die Rechtsform ist zweitrangig und Mittel zum Zweck. wirBERLIN ist strukturell und operativ schnell und stetig gewachsen und heute als eigenständiger und unabhängig agierender Akteur etabliert. Eingetragener Verein und dann die gemeinnützige GmbH waren seinerzeit die folgerichtige Konsequenz dieses Wachstums- und Emanzipationsprozesses.
„Müll entsteht, wo Menschen gehen und stehen.“ Diesen Satz habe ich auf der Internetseite von wirBerlin gefunden. Das klingt mir etwas, als wäre das von Natur aus so und eben nicht zu ändern. Dabei haben wir es doch selbst in der Hand, welchen Müll wir produzieren und wie wir damit umgehen. Müssten wir nicht viel mehr Wert darauf legen Müll zu vermeiden? Dann könnten wir uns so manche Aktion sparen, um beispielsweise Parks zu entmüllen.
Völlig richtig! Es braucht ein dringend notwendiges gesellschaftliches Umdenken in Bezug auf das Konsumverhalten von Verpackungen und Plastik und der daraus folgenden (globalen) Vermüllung. Betrachtet man die Situation in den Park- und Grünanlagen, an den Ufern und in den Kiezen, dann ist eine zunehmende Vermüllung vorherrschende Realität und der von Ihnen zitierte Eingangssatz besitzt traurige Gültigkeit. Deshalb: der „verantwortungsbewusste Bürger“. Jede/r Einzelne kann mit seinem Verhalten zur Vermeidung von insbesondere Verpackungs- und Plastikmüll beitragen – jeder noch so kleine Schritt zählt!
Mit unseren Projekten und Maßnahmen leisten wir einen wichtigen Beitrag, um über das Thema Verpackungsmüll und seinen umweltschädlichen Auswirkungen aufzuklären, ergänzend werden Handlungsalternativen aufgezeigt. Eine weitgehende Information über Zusammenhänge und Wirkungen ist die Voraussetzung für eine Stärkung des Bewusstseins und das umweltgerechte Handeln der Bürger*innen. Ausreichend informierte Konsument*innen, die in der Lage und willens sind, ihr Konsumverhalten zu verändern, sind eine zwingende Voraussetzung für eine Problemlösung der globalen Vermüllung.
Wie die Fotos zeigen ist wirBerlin sogar auf den Berliner Gewässern unterwegs. Manche holen mit Magnetangeln metallischen Unrat aus der Spree. Was macht wirBerlin da konkret?
Saubere Meere beginnen hier, in Berlin! 80 % des Mülls in den Weltmeeren wird über Land durch Seen und Flüsse eingetragen. Auch in Berlin, die eine der wasserreichsten Städte Deutschlands ist, gelangt ein Großteil unseres fallen- und liegengelassenen Abfalls durch Regen, Wind und Tiere in unsere Gewässer. Daher ist wirBERLIN 2017 gemeinsam mit anderen Akteur*innen der Stadt gestartet, dem Schutz und der Sauberkeit der Berliner Gewässer und Ufer einen besonderen Stellenwert einzuräumen. Daraus hervorgegangen ist die Initiative ALLES IM FLUSS, mit der wir die Wichtigkeit des Themas verdeutlichen. Mehr Infos dazu: https://allesimfluss.berlin/
Ganz ohne Aktionstage wird es in absehbarer Zeit wohl doch nicht gehen. Am 17./18. September 2021 ist der von wirBerlin im Rahmen des WORLD CLEANUP DAYs bereits geplant. Vom 10. bis 19. September 2021 finden berlinweit auch wieder die Freiwilligentage statt. Gute Möglichkeiten also sich in und für Berlin vielfältig zu engagieren. Wie wird sich denn Ihr Aktionstag speziell in Lichtenberg widerspiegeln?
Aktionstage zeigen das vielfältige Engagement unserer Gesellschaft auf; sie zeigen, dass vielen Berliner*innen unsere Stadt und unsere öffentlichen Lebensräume nicht egal sind. Mit der von wirBERLIN 2011 gestarteten Initiative eines jährlichen, stadtweiten Aktionstages konnten wir seither ca. 95.000 Berliner*innen mit rund 2.700 Aktionen im öffentlichen Raum für eine saubere, attraktivere, lebens- und liebenswertere Stadt aktivieren.
Auch in diesem Jahr sind im Rahmen des Aktionstages wieder alle Berliner*innen und Besucher*innen der Stadt eingeladen, sich mit einer Aufräum- oder Verschönerungsaktion zu beteiligen, so natürlich auch die Engagierten in Lichtenberg. Vor allem im Aktionsjahr Europäische Freiwilligenhauptstadt 2021, wollen wir gemeinsam mit den Engagierten und durch zahlreiche Aktionen ein deutliches Signal gegen die Vermüllung nach Europa und in die Welt senden!
Dieser Artikel entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Zeigen, was geht! – Redaktion steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei Gül Yavuz: guel.yavuz@oskar.berlin