Oft kommt ja Eins zum Anderen. Beim Schreiben oder Lesen entstehen die Ideen für neue Projekte. In einem Bericht über die Hochschulkooperation von oskar mit der Hochschule für Technik und Wissenschaft (HTW) spielte auch die EINHORN gGmbH eine Rolle. Ich wurde neugierig, was die da so machen bei EINHORN. Und als es von Isabella Hübner auf meine Frage nach einem Interview für oskar ein „ja“ gab, ging dann alles recht schnell. Lesen Sie doch, was sie uns im Interview berichtet hat.

Oskar: Wer EINHORN als Namen für seinen Verein oder sein Unternehmen wählt, kann schon mal mit Aufmerksamkeit rechnen. Einhorn gehört ja eher in die Märchen- und Fabelwelt. Wie ist es denn dazu gekommen, dass sie ihre gemeinnützige GmbH so nennen?


Isabella Hübner: Während viele andere Träger sich für eher technische Namen entschieden, wollten sich die Gründer:innen der EINHORN gGmbH auf eine kreative Weise abheben. Und vor allem sollte der Name den jungen Menschen und Familien schnell im Gedächtnis bleiben, die wir unterstützen. Unsere Gründer:innen verbanden mit Einhorn etwas Starkes und Fabelhaftes, dass sie gern an unsere Zielgruppe vermitteln und weitergeben mochten. So kam es zu unserem besonderen Namen.
Das war zu Beginn der 1990 Jahre. Viele Bereiche Sozialer Arbeit durchliefen damals einen Prozess der Ökonomisierung. Auch der Bereich der Kinder- und Jugendhilfe wurde für die Umsetzung durch freie und private Träger geöffnet. Das führte dann auch dazu, dass sich berlinweit zahlreiche Vereine gründeten, um Projekte der Kinder- und Jugendhilfe umzusetzen.

Vier junge Frauen nebeneinander im Park
Das Team vom EINHORN-Projekt Familienentlastender Dienst und Reisen
Das Wort Zukunft ist in der Internetpräsentation von EINHORN sehr präsent. Es ist dort als Ziel zu lesen, „Kindern, Jugendlichen und Familien bei der Gestaltung ihrer Zukunft individuelle Hilfestellungen zu geben.“ Nun leben wir hier und heute mit den alltäglich zu meisternden Aufgaben, Sorgen und Nöten. Und die sind ja für viele nicht gerade klein.Wen unterstützt EINHORN konkret und wo sehen Sie denn die Herausforderungen, die es für eine bessere Zukunft zu bewältigen gilt?

EINHORN unterstützt eine breite Gruppe junger Menschen und Familien, die aus verschiedensten Gründen Unterstützung im Alltag und sichere Räume der Begegnung benötigen. Dabei reicht unser Angebot von Hilfe zur Erziehung, über Eingliederungshilfe, Jugendsozialarbeit an Schulen und Kitas, Familienbildung bis hin zu den Projekten Familienentlastender Dienst und Reisen.
Ich denke wir alle – und unsere Zielgruppe im Besonderen – befinden uns in einer wahnsinnig schnelllebigen Welt. Die Herausforderungen erstrecken sich in einem umfassenden Spannungsfeld von hohem Leistungsdruck, ökonomischer Unsicherheit und sozialen Konstrukten auf der einen Seite und nahezu unerschöpflichen Informationsquellen, diversen Räume von (Un-)Sichtbarkeit sowie Entfaltungsmöglichkeiten auf der anderen Seite. Der Unterstützungsbedarf, sich in dieser Welt orientieren zu können und einen sicheren, integren Platz in ihr zu finden, wird immer größer, besonderes für unsere Zielgruppe. Gleichzeit fehlt es an allen Ecken und Enden an finanziellen Ressourcen und ausgebildeten Fachkräften, die diesen Unterstützungsbedarf erfüllen können. Es gilt Druck auf die Politik auszuüben, damit auf struktureller Ebene Ressourcen zum Bewältigen der Herausforderungen frei gemacht werden, zum einen aus der Profession der Sozialen Arbeit heraus, aber auch als gesellschaftliche Bewegung.

Das Angebot von EINHORN ist breit gefächert. Sie gehören zur Teamleitung im Bereich „Familienentlastender Dienst“. An wen wenden Sie sich da? Und wie sehen die Entlastungen aus, die Sie Familien bringen wollen?

Unser Familienentlastender Dienst ist da für Familien, in denen Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen leben. Unser Angebot besteht aus Einzelbegleitungen, Gruppenangeboten am Wochenende und auch Reisen zu Ferienzeiten. Durch die Nutzung unserer Angebote sollen die Familien stundenweise entlastet werden. So wollen wir den Eltern Zeit verschaffen, um einen Moment durchzuatmen, exklusive Zeit allein mit einem Geschwisterkind zu verbringen oder organisatorische Aufgaben zu erledigen, für die sie im Alltag sonst keine Zeit finden. Alle unsere Angebote leben vom Engagement zahlreicher Freiwilliger. Diese werden sorgfältig ausgewählt und gewissenhaft durch unsere Ehrenamtskoordiantor:innen eingearbeitet.

Die Kinder und Jugendlichen empfinden die Zeit mit unseren Kinderbegleiter:innen als Qualitätszeit und genießen es durchaus, Zeit mit Menschen zu verbringen, die zur Abwechslung keine Fachkräfte sind.

Isabella Hübner
Sind die Angebote berlinweit verfügbar oder setzten Sie da territoriale Schwerpunkte? Kann zum Beispiel eine Familie in Lichtenberg ihr Kind zur Einzelbegleitung bei Ihnen anmelden?
Eine bunte Tischrunde mit Kindern und Erwachsenen
Gute Stimmung beim gemeinsamen Essen

Unser Angebot steht den Familien berlinweit zur Verfügung, wobei der überwiegende Teil der Familien in Pankow, Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Neukölln wohnt. Treffpunkte für unsere Gruppenangebote sind immer in Prenzlauer Berg oder in Adlershof. Familien außerhalb dieser Bezirke können besonders dann durch Einzelbegleitung unterstützt werden, wenn wir Freiwillige haben, die in deren Nähe wohnen. Beim Matching von Freiwilligen und Familien achten wir besonders darauf, dass die Chemie stimmt, der Anfahrtsweg für die Freiwilligen nicht zu weit ist und auch die Vorerfahrungen und Ressourcen der Freiwilligen zu den Bedarfen der Familien passen. Von daher sprechen wir auch die Freiwilligen berlinweit an und versuchen jede:n an eine passende Familie zu vermitteln.

Die von Ihnen angebotene Einzelbegleitung und auch die Teilnahme an den Gruppenangeboten sind kostenpflichtig. Wie finanzieren die Familien das? Geben Sie dafür auch Unterstützung?

All unsere Angebote sind kostenpflichtig, das ist richtig. In der Regel wird die Unterstützung allerdings nicht von den Familien selbst bezahlt, sondern durch den Familienentlastenden Dienst bei den jeweilig versichernden Pflegekassen in Rechnung gestellt. Die durch die Pflegekassen zur Verfügung gestellten Budgets – Entlastungsbetrag und Verhinderungspflege – werden wiederum von den Familien verwaltet, so dass sie selbst entscheiden können, für welche Unterstützungsleistungen im Alltag sie die Gelder verwenden möchten.

Die Einzelbegleitung sichern bei EINHORN ehrenamtliche Kinderbegleiter:innen. Das ist ja eine sehr anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe. Welche Voraussetzungen sollten Interessent:innen dafür mitbringen? Und warum ist das für Menschen, die ehrenamtlich aktiv sein wollen, ein tolles und erfüllendes Engagement?
ein weißes Einhorn auf blauem Grund, das Logo
Das Logo der EINHORN gGmbH

Ganz wichtig für uns ist die Motivation sich längerfristig, also mindestens 6 Monate, engagieren zu wollen und aufgeschlossen für unsere besonderen Kinder und Jugendlichen zu sein. Außerdem muss im Laufe des Einarbeitungsprozesses ein eintragsfreies erweitertes Führungszeugnis vorgelegt werden, welches durch ein Schreiben von uns kostenlos beantragt werden kann. Weiterhin sollten die Freiwilligen ein Deutschniveau von mindestens B2, besser noch B1 mitbringen und im Durchschnitt mindestens 8 Stunden pro Monat Zeit für diese regelmäßige, ehrenamtliche Tätigkeit haben. Praktische Vorerfahrungen im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung sind sicherlich von Vorteil, aber keine Voraussetzung. Da der Schutz unserer Kinder für uns höchste Priorität hat und Menschen mit Beeinträchtigung als Gruppe besonders gefährdet sind von jeglicher Form von Gewalt, müssen unsere Freiwilligen auch offen dafür sein, sich im Rahmen unsere Einarbeitung mit diesem Thema auseinander zu setzen und im Kontakt mit den Kindern ihren Beitrag zum Schutz der Kinder leisten.
Die freiwillige Mitarbeit bei uns ist besonders erfüllend, weil die Freiwilligen genau dort Unterstützung leisten, wo sie gebraucht werden. Sie können so unmittelbar sehen, wie ihr Engagement wirkt. Die Kinder und Jugendlichen empfinden die Zeit mit unseren Kinderbegleiter:innen als Qualitätszeit und genießen es durchaus, Zeit mit Menschen zu verbringen, die zur Abwechslung keine Fachkräfte sind. Außerdem können wir unseren Freiwilligen eine stundenweise Aufwandsentschädigung über die Übungsleiterpauschale zahlen, bieten regelmäßig kostenlose Fortbildungen an und laden zu Kinderbegleiter:innentreffen und Festen ein.

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Dieses Interview entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Zeigen, was geht! – Redaktion steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei Gül Yavuz: guel.yavuz@oskar.berlin

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