In Lichtenberg gibt es Taler, Bezirkstaler genau gesagt. An die Wiederbelebung eines längst vergangenen Zahlungsmittels denkt dabei keiner. Wertvoll ist der Bezirkstaler aber schon. Nicht so sehr im materiellen Sinne. Ihn erhalten Bürger:innen, die sich uneigennützig und freiwillig für Gemeinwohl und Demokratie in Lichtenberg einsetzten. Und dieses Engagement ist nicht mit Gold aufzuwiegen.

Taler aus der Hand vom Bezirksbürgermeister

Das sieht sicher auch Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) so. So oft es sein prall gefüllter Terminkalender zulässt, übernimmt er die Würdigung des ehrenamtlichen Engagements und die Übergabe der Bezirkstaler selbst. So auch während des Sommer-Dankefestes der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg am 26. Juni 2024 in der Weitlingstraße. Ein guter Anlass um Emma Grunert, Annemarie Grahl, Anke Wedekind, Andreas Hartmann und Matthias Hanzsch für ihr besonderes Engagement auszuzeichnen. Emma Grunert und Annemarie Grahl engagieren sich in den BENN-Projekten Wartenberg/Hohenschönhausen Nord. BENN steht für „Berlin entwickelt neue Nachbarschaften“ und setzt sich für ein gutes Miteinander im Umfeld von Gemeinschaftsunterkünften ein. Anke Wedekind und Andreas Hartmann engagieren sich seit vielen Jahren ehrenamtlich als Schiedsfrau beziehungsweise Schiedsmann in Lichtenberg.

Nach der Übergabe der Bezirkstaler auf dem oskar-Sommerfest – Matthias Hanzsch, Bezirksbürgermeister Martin Schaefer, Emma Grunert, Annemarie Grahl, Anke Wedekind und Andreas Hartmann (v.l.n.r.)
Bild: Wolfgang Haensel

Barrieren der IT-Welt abbauen

Matthias Hanzsch wurde von oskar für den Bezirkstaler vorgeschlagen. Aus gutem Grund. Die Digitalisierung erhält immer mehr Einzug in unserem Lebensalltag. Endlich sagen Viele und freuen sich darüber. Es gibt aber auch Menschen, vor allem ältere, die damit ein Problem haben. So mancher hat kein Handy oder Tablet. Oder kann mit Computer und Co nicht so recht umgehen. Und so bekommt die IT-Welt für sie unüberwindlich scheinende Barrieren. Sie fühlen sich abgehängt und diskriminiert. Und da setzt das freiwillige Engagement von Matthias Hanzsch an. Er hilft vor allem älteren Menschen diese Barrieren zu überwinden und aktiv am Leben in ihrem Umfeld teilzunehmen. Gestartet ist er mit seinem Engagement in einem vom Europäischen Sozialfonds geförderten Projekt, das bei oskar unter dem Motto „Gut, dass Du da bist“ in zwei Förderperioden lief von 2019 bis 2023. Dieses Projekt ist inzwischen beendet, sein Engagement lebt aber fort. Und bei oskar kümmert er sich um die Pflege der Datenbanken. Für Matthias Hanzsch war die Übergabe des Bezirkstalers aufregend, „da ich nicht gerne im Rampenlicht stehe“, sagt er. „Es ist aber auch eine schöne Anerkennung.“ Und genau das soll der Bezirkstaler sein.

Engagement für Stadtbäume

Auch Ekkehard Fleck und Jacqueline Kappl freuen sich über einen Bezirkstaler. Ihnen wurde er am Tag der offenen Gesellschaft am 16. Juni 2024 im Rahmen des Nachbarschaftsfestes „Wir im Kiez“ auf dem Münsterlandplatz im Weitlingkiez ebenfalls durch Bezirksbürgermeister Martin Schaefer übergeben.
Ekkehard Fleck sorgt sich um das Grün im Kiez. Ihm liegt die Pflege von 20 Straßenbäumen am Herzen. Vom Frühling bis zum Herbst versorgt er jeden Baum in seiner Straße wöchentlich mit rund 70 Litern Wasser. In seine Gießtouren investiert er mehrere Stunden pro Woche. Auch das ist einen Bezirkstaler wert.

Kleine und große Events in der Adventszeit

Bei der Übergabe des Bezirkstalers an Jacqueline Kappl kamen mitten im Juni schon mal Gedanken an Weihnachten auf. Denn sie bekam den Taler für die Organisation des „begehbaren Adventskalenders“ im Weitlingkiez und in der Victoriastadt. Die Idee für das Projekt entstand bereits 2011. Jedes Jahr finden seither in der Adventszeit kleine und große Events statt, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen und alte sowie neue Bewohner:innen im Kiez zusammenbringen. Wie Jacqueline Kappl verrät, ist sie als ausgebildete Art-Direktorin und Autorin „ lieber aktiv im Hintergrund als vorn im Rampenlicht.“ Den Bürgermeister empfand sie als „sehr sympathischen Mann, mit dem es sich doch sehr leicht, trotz Lampenfieber, reden ließ.“ Ganz besonders wichtig ist ihr, „die Gelegenheit zu nutzen und mich noch einmal für das Engagement bei all denen zu bedanken, die den Kiezkalender jedes Jahr aufs neue, mit so viel Herz und Mut, an den jeweiligen Türchen/Fenstern mitgestalten. Dass diese Leidenschaft ansteckt, spürt der Kiezkalender wiederum in der steigenden Zahl an Zuschauern, die dann vom 1.bis 24.12 vor unseren Weihnachtsportalen stehen.“ Und auch das will sie unbedingt loswerden: Das Organisationsteam braucht Verstärkung im Ehrenamt.

Anette Nordalm von der Engagementförderung des Bezirksamtes, Jacqueline Kappl, Ekkehard Fleck und Martin Schaefer (v.l.n.r.) bei der Verleihung des Bezirkstalers auf dem Nachbarschaftsfest „Wir im Kiez“
Bild: BA Lichtenberg

Eine runde Sache

Bis Ende Juni 2024 haben bereits 48 Lichtenberger:innen den Bezirkstaler erhalten, weiß ich von Anette Nordalm. Sie ist im Lichtenberger Bezirksamt für Engagementförderung verantwortlich. Wie sie berichtet werden die Taler, auf denen das Lichtenberger Rathaus zu sehen ist, seit 2021 vergeben.

Der Lichtenberger Bezirkstaler ist eine Ergänzung zur Lichtenberger Bürger:innenmedaille, die einmal jährlich gemeinsam vom Lichtenberger Bezirksamt und dem Freiwilligenrat verliehen wird. Er würdigt ehrenamtliche Tätigkeiten, die oft jenseits etablierter Vereine und Organisationen stattfinden. Auch Gruppen können mit dem Bezirkstaler ausgezeichnet werden.

Vorschlagsrecht für den Bezirkstaler haben Einzelpersonen, Initiativen, Organisationen, Schulen oder Unternehmen per E-Mail an: engagement@lichtenberg.berlin.de beim Bezirksamt Lichtenberg.

Übrigens, wer im Internet stöbert, kann dort lesen, dass der Taler als Silbermünze am 19. Mai 1908 außer Kurs gesetzt und parallel dazu die Ausgabe von wertgleichen 3-Mark-Stücken beschlossen wurde – im Volksmund weiterhin als „Taler“ bezeichnet. Um 1797 kosteten zum Beispiel 10-12 Pfund Schweinefleisch einen Taler oder man bekam dafür 25 Pfund Brot oder 2 Pfund Tabak oder 2 Flaschen Champagner. Na und damit lässt sich ja auch heute noch trefflich anstoßen: Auf die Freiwilligen mit dem Lichtenberger Bezirkstaler!

Dieses Interview entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Zeigen, was geht! – Redaktion steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei: info@oskar.berlin