Interview mit Miriam Kremer, KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V.

Das kulturelle Angebot in Berlin ist toll. Viele besuchen deshalb die Stadt. Doch viele, die hier leben, können es sich nicht leisten. Der Verein KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. tut etwas dagegen. Was genau hat uns Miriam Kremer berichtet. Sie ist im Verein die Verantwortliche für Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

Frage: KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. – ich lese den Namen und mir geht eine Menge durch den Kopf, was hinter einem Verein mit diesem Namen stecken könnte. Anderen wird es ähnlich gehen und sie haben vielleicht ganz andere Assoziationen als ich.  Klären Sie uns auf, was sind die Ziele und Aufgaben des Vereins?

Miriam Kremer: KulturLeben Berlin – Schlüssel zur Kultur e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit geringem Einkommen oder in sozial benachteiligten Lebenslagen den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Unser Ziel ist es, Barrieren abzubauen und kulturelle Teilhabe für alle Menschen zu schaffen. Wir möchten zeigen, dass Kultur nicht nur ein Luxusgut ist, sondern ein wichtiger Bestandteil eines selbstbestimmten und erfüllten Lebens – unabhängig von Einkommen oder sozialem Status.

Das Team von KulturLeben Berlin Foto Martin Meyenburg
Das Team von KulturLeben
In diesem Jahr begeht KulturLeben Berlin das 15jährige Jubiläum. Wenn Sie zurück blicken, worauf sind Sie besonders stolz, dass der Verein das geschafft hat?

Dank eines engagierten Teams aus über 140 Freiwilligen und in Zusammenarbeit mit rund 600 Kulturpartner:innen haben wir in den vergangenen 15 Jahren über eine halbe Million kostenfreie Kulturtickets an unsere Kulturgäste vermittelt. Durch unseren Einsatz haben wir einen entscheidenden Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit, kultureller Vielfalt und Inklusion in der Stadt geleistet und das Leben vieler Menschen bereichert, erleichtert und verschönert. Gleichzeitig haben wir ein wachsendes Netzwerk an Kulturpartner:innen und Sozialpartner:innen aufgebaut, die unsere Idee unterstützen. Dass wir so viele Menschen erreichen konnten – und weiterhin erreichen – macht uns sehr glücklich und motiviert uns für die Zukunft.

Unser Jubiläum begehen wir u.a. mit einem außergewöhnlichen Benefizkonzert: Am 29. Juni 2025 um 20 Uhr wird das international gefeierte Vokal Ensemble Batumi aus Georgien im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie auftreten. Seit über 30 Jahren begeistert das Ensemble weltweit mit mitreißenden Interpretationen georgischer Volkslieder und klassischer Werke. Im Kammermusiksaal präsentiert BATUMI ein facettenreiches Repertoire polyphoner Gesänge – einer einzigartigen Vokalkunst, die von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt ist.

Über zahlreiche Konzertbesucher:innen freuen wir uns und laden herzlich ein, unseren Ticketverkauf zu unterstützen. Denn der Kartenerlös des Konzerts fließt direkt in unsere gemeinnützige Arbeit, damit wir uns auch zukünftig für kulturelle Teilhabe in unserer Stadt engagieren können. (Weitere Informationen zum Benefizkonzert finden Sie am Ende des Interviews.)

Konzertankündigung zum Vereinsjubiläum
Das wichtigste Anliegen des Vereins ist es, dass auch Menschen mit geringem Einkommen ein Stück weit am Kulturangebot Berlins teilhaben können.  Wie funktioniert das konkret?

Ganz konkret vermitteln wir kostenfreie Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Kinos, Museen und andere Veranstaltungen im persönlichen telefonischen Gespräch an unsere angemeldeten Kulturgäste, die sich durch die direkte und niedrigschwellige Ansprache eingeladen und erwünscht fühlen. Interessierte melden sich bei uns an und legen dabei ihren Berechtigungsnachweis, Wohngeldbescheid oder einen ähnlichen Nachweis über ihr geringes Einkommen vor. Danach können sie über unsere Vermittlung regelmäßig Kulturangebote nutzen.

Seit einiger Zeit ist KulturLeben Berlin auch bei oskar in der Weitlingstr. 89 präsent. Wie ist es zu dieser Kooperation gekommen? Und was können Interessierte erwarten, die dort die Beratungsangebote Ihres Vereins nutzen wollen?

Wir haben uns sehr gefreut, dass Jenny Stiebitz, die Leiterin der oskar | freiwilligenagentur auf uns zukam und uns vorschlug, als Anmeldestelle für Gäste im Bezirk Lichtenberg zu kooperieren. Die Zusammenarbeit mit oskar ist Teil unserer Bemühungen, noch näher an die Menschen in den Kiezen zu kommen. Viele Menschen wissen gar nicht, dass es KulturLeben Berlin gibt. Durch die Zusammenarbeit mit oskar können wir unser Angebot direkt vor Ort bekannter machen. Interessierte können sich dort jeden dritten Donnerstag im Monat von 14 – 16 Uhr in einem persönlichen Gespräch mit einer freiwilligen Kollegin von KulturLeben Berlin beraten lassen, sich anmelden oder einfach erst einmal informieren. Das Beratungsangebot ist offen für alle, die neugierig sind oder Unterstützung brauchen.

Unabhängig von der Zusammenarbeit mit oskar, gibt es weitere Vorhaben oder Projekte des Vereins mit Bezug nach Lichtenberg?

Ja, wir möchten weiterhin in Lichtenberg aktiv bleiben. Neben der Beratung bei oskar planen wir auch Kooperationen mit anderen Einrichtungen im Bezirk, damit unser kostenloses Kulturangebot noch sichtbarer und zugänglicher wird. Ein Traum wäre ein eigener Bürostandort im Bezirk wie wir ihn schon in Treptow-Köpenick, Mitte und Tiergarten haben. Ein Raum mit Internet- und Telefonanschluss würde reichen, damit wir unsere Arbeit tun können. Über Ideen und Vorschläge freuen wir uns!

Mich beschäftigt, und sicher nicht nur mich: Wie kommen Menschen damit zu Recht, dass sie ihr Einkommen nachweisen müssen, wenn sie mal ins Theater oder ins Konzert gehen wollen? Welche Erfahrungen machen Sie da?

Das ist eine berechtigte Frage. Viele Menschen haben anfangs Hemmungen, ihr Einkommen bei der Anmeldung – und danach einmal jährlich in einem unserer Büros – offen zu legen. Dazu sind wir aufgrund unserer Gemeinnützigkeit verpflichtet. Die Gäste fassen aber Vertrauen, wenn sie erfahren, dass der Einkommensnachweis am Kulturort nichts zu suchen hat. An der Abendkasse stehen unsere Gäste auf der Gästeliste des Veranstalters und müssen dort ihren Nachweis nicht noch einmal vorlegen – Das macht den Ablauf einfach, würdevoll und unkompliziert. Wir begegnen unseren Gästen mit Respekt und Diskretion, und für viele ist es eine große Erleichterung zu spüren: „Ich werde hier nicht ausgegrenzt, sondern willkommen geheißen.“

Der eine oder andere wird vielleicht auch sagen: Na das ist ja wieder mal typisch. Nur das, was sie im Kulturbetrieb nicht los werden, wird verschenkt – Almosen für die Armen!  Kennen Sie solche Meinungen und was entgegnen Sie solchen Stimmen?

Ja, solche Vorbehalte kennen wir. Wir entgegnen dem mit dem Hinweis, dass viele Kulturanbieter:innen uns sehr bewusst und gezielt Kartenkontingente zur Verfügung stellen. Es geht eben nicht darum, „Reste“ zu verteilen. Sondern es ist ein aktives Signal: Kultur gehört allen. Wir erleben sehr oft, dass unsere Gäste die Veranstaltungen mit großem Interesse und Dankbarkeit besuchen – und dass sie sich willkommen fühlen. Diese Haltung ist zentral für unsere Arbeit. Zudem verbessern die Kulturveranstalter ihre Auslastung und sprechen über uns neue Zielgruppen an. So bewegen wir uns auf Augenhöhe und die Kulturgäste tragen wesentlich dazu bei, dass die Häuser voll werden.

Vorhin haben Sie mir gesagt, was Sie besonders stolz macht, wenn Sie auf die letzten Jahre zurück blicken. Zum Schluss bitte ich Sie noch um einen Blick in die Zukunft. Wenn Sie voraus schauen, was wollen Sie mit dem Verein unbedingt noch erreichen?

Wir wollen weiterwachsen und noch mehr Menschen erreichen. Unser Ziel ist es, dass Kultur selbstverständlich für alle zugänglich ist, auch für Menschen mit wenig Geld. Dafür wollen wir
neue Kooperationen eingehen, mehr Kulturveranstalter:innen für unser Anliegen gewinnen
und gleichzeitig das Thema soziale Teilhabe in der Kultur noch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Denn wir glauben fest daran: Kultur für alle bereichert nicht nur das
Leben jedes Einzelnen, sondern auch unsere Gesellschaft als Ganzes.


Links und Kontakte

Informationen zum Benefizkonzert: https://kulturleben-berlin.de/konzert-vokal-ensemble-batumi-am-29-06-2025-im-kammermusiksaal-der-philharmonie-berlin/

Kontakt: presse@kulturleben-berlin.de
Internet: https://kulturleben-berlin.de/
Beratung von KulturLeben bei oskar: https://oskar.berlin/kontakt/

Dieses Interview entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Zeigen, was geht! – Redaktion steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei: info@oskar.berlin

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