Zeigen was geht: Fußball verbindet

Gemeinsames Fußballturnier von Menschen unterschiedlicher Herkunft im Rahmen der Lichtenberger Freiwilligentage

Text und Bilder: Fiona Finke

Ein Samstagvormittag im September. Die Sonne scheint unerwartet warm auf Hohenschönhausen hinab. Am Eingang zum Sportplatz der Fritz-Reuter-Oberschule warten etwa 35 Personen geduldig auf Einlass. Einige Kinder kicken sich auf einem kleinen Rasenstück ihren Fußball zu. Der Verkehr von Autos und Trambahnen ist zu dieser Tageszeit noch ruhig. Über den strahlend blauen Himmel schwebt hin und wieder ein Flugzeug im Landeanflug auf Tegel.

Die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind im Rahmen der Freiwilligentage Lichtenberg zusammengekommen, um unter dem Motto „Fußball verbindet“ gegen- aber vor allem miteinander Fußball zu spielen. Mit ein wenig Verspätung erscheint dann auch der Platzwart der Schule und schießt endlich das Tor zum Sportplatz auf. Sofort wird der leuchtend grüne Kunstrasen von den jungen Sportlern in Augenschein genommen, betastet und für gut befunden. Im Nu werden Fußbälle ausgepackt und noch bevor das offizielle Programm anfängt, beginnen auf dem Rasen schon die Zweikämpfe. Während dessen bauen fleißige Helfer*innen einen Verpflegungsstand vor dem Umkleidetrakt auf. Die Betreuer und Übungsleiter rufen die älteren Jungen zusammen und gemeinsam werden Getränkekisten und Körbe voller Obst und Müsliriegel aus einem Transporter geladen und herangetragen.

In der nächsten Stunde gesellen sich immer mehr Spieler*innen dazu. Viele bringen Eltern und Geschwister mit und so tummeln sich im Laufe des Vormittags mehr als 100 Sportbegeisterte auf und neben dem Rasen. Viele der Teilnehmenden sind als Geflüchtete nach Berlin gekommen und entsprechend vielsprachig geht es zu – von Arabisch und Farsi über Russisch bis Deutsch. Doch die Regeln von Fußball und Fairplay sind international und so spielen Sprachbarrieren an diesem Vormittag keine große Rolle. Die Kinder und Jugendlichen lernen in der Schule ohnehin schnell Deutsch und können bei Bedarf für ihre Eltern dolmetschen.

Hauptverantwortlich ist an diesem Tag Mohammed El Ouahhabi. Er ist Sport-Integrations-Coach beim Landessportbund Berlin und im Projekt „SPORTBUNT – Vereine leben Vielfalt“ für Lichtenberg (und Pankow) zuständig. SPORTBUNT vernetzt Akteure der Flüchtlingshilfe und Sportvereine mit dem Ziel, Menschen verschiedener Herkunft, Hautfarbe und Religion durch Sport zusammen zu bringen. Trotz des ganzen Trubels, der mit einem Fußballturnier einhergeht, ist Mohammed immer schnell zu finden, denn er trägt als einziger an diesem sonnigen Vormittag einen Anzug. Wenn man mit Mohammed spricht, merkt man sofort, dass ihm der Austausch zwischen Ur-Berlinern und Neu-Berlinern ein Herzensanliegen ist. Er wünscht sich, dass in Zukunft noch mehr Lichtenberger Sportvereine als Partner von SPORTBUNT gewonnen werden. Auch heute sollen das gemeinsame Erlebnis, der Austausch und das Kennenlernen im Vordergrund stehen. Wer mag, kann einfach mitkicken, das Ergebnis ist Nebensache. Es sind genug Medaillen für alle da, verspricht Mohammed.

Die jüngeren Kinder feilen nach einem Aufwärmtraining an ihren Dribbel-Künsten und Torschüssen, bevor sie das Gelernte in einem Freundschaftsspiel mit viel Enthusiasmus ausprobieren. Unter den älteren Jungen und Mädchen wird währenddessen ein kleines Turnier ausgetragen. Viele der Spieler*innen trainieren bereits regelmäßig in ihren Teams und so kommen spannungsreiche, schnelle Spiele zustande. Während die Jugendlichen alles geben, gestikuliert und ruft der Trainer am Spielfeldrand. Ganz ruhig steht wiederum ein Vater daneben und muntert die Spieler nach einem Gegentor wieder auf. Es ist Adnan, ein Architekt aus Syrien. Er lebt seit etwa drei Jahren in Berlin und konnte inzwischen auch seine drei Söhne nachholen, die alle begeistert mitspielen.

Eine Gruppe von sechs Mädchen mit ihrer Trainerin fällt mir auf. Wie so oft im Fußball, sind die Mädchen und Frauen auch heute deutlich in der Minderheit. Aber dieses kleine Team scheint eine eingeschworene Gemeinschaft zu sein. Auf ihren weißen T-Shirts steht „Integration durch Sport“. Auf Nachfrage erzählt die Trainerin, dass sie in der Geflüchteten-Unterkunft in der Konrad-Wolf-Straße in Hohenschönhausen wohnen und jede Woche nach Mitte fahren, um dort in einem Verein zu trainieren. Die Kooperation wird durch „Willkommen im Sport“ vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gefördert. Dieses Projekt bietet niedrigschwellige Bewegungsangebote in Unterkünften für Geflüchtete an, hilft bei der Integration in die Berliner Sportvereine und fördert ehrenamtliches Engagement.

Am Verpflegungsstand sorgen derweil Michel und Eman für das leibliche Wohl aller Anwesenden. Beide tragen blaue T-Shirts mit der Aufschrift „Übungsleiter“. Sie erzählen, dass sie in diesem Sommer ihre Übungsleiter-Ausbildung absolviert haben. Jetzt engagieren sie sich bei SPORTBUNT und berichten, dass in dem Projekt neben Fußball viele weitere Sportarten, wie Tischtennis oder Basketball angeboten werden. Am Spielfeldrand treffe ich Abbas und Tarek, die ebenfalls blaue Übungsleiter-Shirts tragen. Sie sind zwar auf Leichtathletik spezialisiert, helfen bei größeren Veranstaltungen aber immer gerne mit, unabhängig von der Sportart. Abbas findet, dass der Kontakt zwischen Berliner*innen mit und ohne Fluchterfahrung ein großer Gewinn für beide Seiten ist.

Als gegen 12:30 Uhr alle Spiele beendet sind und die Mitwirkenden am Verpflegungsstand ihre Akkus wieder aufgeladen haben, kommen die Teams noch einmal mit ihren Eltern auf dem Rasen zusammen. Es folgt die feierliche Übergabe der Medaillen, die obligatorischen Mannschaftsfotos und natürlich jede Menge Selfies. Die Medaillen haben tatsächlich für alle gereicht. Welches Team das Turnier am Ende gewonnen hat? Alle.

Mehr zum Projekt SPORTBUNT – Vereine leben Vielfalt

https://sportbunt.de/

Mehr zu Willkommen im Sport

https://integration.dosb.de/inhalte/projekte/wis-willkommen-im-sport-fuer-gefluechtete/

Diese Reportage beschreibt eine Mitmach-Aktion, die am Samstag, dem 21.09.2019 stattgefunden hat

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