1. Kenne deine Zielgruppe
Dieser Tipp steht nicht umsonst an erster Stelle: Bevor man attraktive Texte schreiben kann, muss man wissen, wen man ansprechen möchte. Das ist eigentlich ganz naheliegend. Ich schreibe für junge Menschen anders als für ältere, für Opernliebhaber:innen anders als für Popfans, für Ärzt:innen anders als für Patient:innen.
Deshalb ist es wichtig, sich vorher zu überlegen, wer mein Zielpublikum ist. Was interessiert sie und wie spreche ich sie an? Dabei hilft es, sich die intendierten Leser:innen möglichst konkret vorzustellen: Wie alt sind sie? Welche Inhalte suchen sie? Was ist der Nutzen, den sie von den Texten haben? Diese Fragen können helfen, Texte zu schreiben, die für die Leser:innen wirklich nützlich sind.
Wer tiefer einsteigen möchte, um seine Zielgruppe zu definieren, kann auch mit der Persona-Methode arbeiten. Dabei geht es darum, sich konkrete, archetypische Nutzer:innen auszudenken, um eine genaue Vorstellung zu entwickeln, wie man sie ansprechen kann.
2. Das Netzpublikum ist unaufmerksam
Wir haben es schon am Anfang erwähnt: Leser:innen im Netz sind ungeduldig und unaufmerksam. Zahlreiche Studien zeigen, dass Lesen im Netz vor allem Scannen bedeutet. Das heißt, wir lesen einen Text nicht linear, sondern überfliegen ihn zunächst und picken uns die für uns interessanten Informationen heraus. Dabei schauen wir uns vor allem die Überschriften, Bilder, Textkästen und andere herausgehobene grafische Elemente an. Wenn dies das Interesse weckt, dann steigen wir in den Text ein und lesen ihn im besten Falle ganz.
Als online Schreibende sollten wir den Leser:innen das Lesen so einfach wie möglich machen. Dazu gehört vor allem die Struktur: Zwischenüberschriften und Absätze werden in Onlinetexten in kürzeren Abständen gesetzt als bei Printtexten. Eine Faustregel: Alle 4 bis 6 Zeilen einen Absatz und alle 3 bis 4 Absätze eine Zwischenüberschrift – wobei das natürlich vom Inhalt und Layout der Webseite abhängig ist. Dabei sollte in der Zwischenüberschrift inhaltlich stehen, was im folgenden Textabschnitt vorkommt.
3. Auch im Netz ist guter Stil – und Rechtschreibung – wichtig
Ein Text ist schnell ins Content-Management-System eingegeben und in Sekundenbruchteilen veröffentlicht. Das sollte allerdings nicht die Regel sein – ein gut geschriebener Text hilft dabei, die Nutzer:innen bei der Stange zu halten. Der sorgfältige Umgang mit Sprache und nicht zuletzt Korrekturlesen, damit auch der letzte Rechtschreibfehler verschwindet, sind wichtig (und helfen sogar bei der Suchmaschinenoptimierung).
Die Regeln für guten Stil sind bekannt: Nicht zu lange und zu verschachtelte Sätze (maximal 20 Wörter ist dabei die Faustregel), keine Substantivierungen, keine Passivsätze, Nominalstil vermeiden, Füllwörter streichen sind ein paar Beispiele, die Stilexpert:innen vorschlagen. Wer mehr dazu wissen will, kann dies zum Beispiel bei Wolf Schneider tun, der für Zeit Online eine Serie zur „Deutsch-Stilkunde“ verfasst hat (allerdings nur für Abonnent:innen). Das Netz wäre allerdings nicht das Netz, wenn nicht jemand das Ganze online zur Verfügung gestellt hätte. Hier gibt es den Scan der ganzen Artikelserie als PDF.
4. So lang wie nötig, so kurz wie möglich und das Wichtigste zuerst
Wir sagten es bereits: Leser:innen im Netz sind ungeduldig. Trotzdem möchten sie sinnvolle Informationen haben. Eine Konsequenz davon ist, dass wir unsere Texte nicht aufblähen sollten, denn wenn Leser:innen nicht sofort klar ist, was sie im Text erwartet, oder sie sich erst durch lange Vorreden kämpfen müssen, dann springen sie ab. Es gibt schließlich noch Tausende anderer Webseiten, die die Information vielleicht schneller und leicht bekömmlicher zur Verfügung stellen.
Wie lang sollte ein Text nun konkret sein? Das kommt ganz drauf an. Damit er gut bei Google rankt, sind ca. 2.000 Zeichen das Minimum. Für Informationstexte sind 5.000 bis 6.000 Zeichen angemessen. Damit kann man auch komplexere Zusammenhänge beschreiben, überfordert die Leser:innen aber nicht. Längere Texte – Reportagen, Interviews und ähnliches sind 10.000 bis 12.000 Zeichen lang. Die Leerzeichen zählen dabei mit.
Dabei ist auch der Aufbau wichtig: Als Schreiber:in hält man sich am besten an die Regel „Das Wichtigste zuerst“. Die Leser:innen müssen zunächst wissen, worum es bei dem Text geht und erst dann sollte man ihnen die Hintergründe, die Historie und Details erzählen. Im Journalismus wird dies oft unter dem Stichwort „Prinzip der umgekehrten Pyramide“ verhandelt.
5. Die Überschrift und der Vorspann müssen sitzen
Die Überschrift und der Vorspann spielen bei Netztexten eine wichtige Rolle. Sie geben den Leser:innen Informationen darüber, worum es im Folgenden geht und animieren zum Klicken beziehungsweise weiterlesen. Sie sollten allerdings nicht zu viel versprechen: Was in der Überschrift und im Vorspann steht, muss im Text dann auch geliefert werden.
Dabei kann der sogenannte Küchenzuruf helfen: Dabei geht es darum, in einem kurzen und einfachen Satz zusammenzufassen, worum es in einer Geschichte geht – das, was man jemandem ins andere Zimmer zurufen würde, wenn man etwas Interessantes gelesen hat. Der Küchenzuruf ist also der Kern der Nachricht.
Im Vorspann hat die Autor:in dann noch ein wenig mehr Platz, um den Leser:innen zu zeigen, wieso sie den Artikel lesen sollten. Im Netz hat sich dabei eine Dreierstruktur etabliert: Im ersten Satz setze ich einen attraktiven Einstieg, der die Leser:innen neugierig macht. Der zweite Satz bringt noch mal den Kern der Geschichte auf den Punkt – eine Art erweiterter Küchenzuruf. Und im dritten Satz öffne ich den Fokus und kündige das Neue und Spannende des Artikels an, aber ohne zu viel zu verraten.
6. Suchmaschinenoptimierung hilft beim Kennenlernen der Leser:innenschaft
Die vorhergehenden Hinweise sind übrigens auch für die Suchmaschinenoptimierung sinnvoll. Da die Algorithmen von Google und Co. die besten Texte für die Leser:innen nach oben bringen möchten, untersuchen sie die Texte auch nach Stil, Struktur, Zwischenüberschriften, Keywords.
Schreiben für Suchmaschinen hat deshalb zu Unrecht einen schlechten Ruf. Die Zeiten, wo es darum ging, ein Keyword möglichst oft zu wiederholen, egal wie der Text sich dann anhört, sind zum Glück schon lange vorbei.
Keywords – Schlagwörter – bleiben natürlich wichtig, nicht nur für Google, sondern auch für die Leser:innen. Sie wollen schließlich auch wissen, worum es in dem Text geht. Und die Suchmaschine möchte sinnvolle Inhalte auch gerne anzeigen. Es lohnt sich also, ein wenig in die SEO-Welt einzusteigen – auch als Redakteur:in und Texter:in.
7. Texte anreichern mit Bildern, Links, Grafiken, Videos
Leser:innen springen bei langen Fließtexten ohne Struktur ganz schnell ab. Neben Absätzen und Zwischenüberschriften (erinnern wir uns an Punkt 2) sollten Netzredakteur:innen alle Inhalte, die im Netz zur Verfügung stehen, berücksichtigen. Wir können neben Bildern, die es auch bei gedruckten Texten gibt, auch alle andere Medien einbinden. Das sind Videos, Audiodateien, Grafiken, und nicht zuletzt Links zu anderen Anbietern.
Texte im Netz sind vielfältig mit anderen Inhalten verbunden. Auf diese hinzuweisen ist ein Service für die Leser:innen, die nicht selbst nach relevanten Inhalten suchen müssen. Nicht umsonst gibt es den Spruch „Leser:innen gehen dorthin, wo sie schnell wieder wegkommen“. Das Einbinden unterschiedlicher Inhalte sorgt dafür, die Leser:innen bei der Stange zu halten, denn es lenkt die Aufmerksamkeit weiter auf die Seite.