„Gut, dass Du da bist“

ESF-Projekt mit erfolgreichem Abschluss

Freiwilliges Engagement soll für alle Menschen erreichbar und zugänglich sein. Dieses Ziel hat sich die oskar | freiwilligenagentur auf die Fahnen geschrieben. Als es die Möglichkeit dafür gab, startete die Freiwilligenagentur ein vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördertes Projekt in Lichtenberg. Mit dem Namen „Gut, dass Du da bist“ hat es Anfang 2019 begonnen und ist nach Ablauf der zweijährigen ESF-Förderung 2021 für eine zweite Förderperiode verlängert worden. Nach viereinhalb Jahren findet das Projekt nun Ende Juni 2023 seinen Abschluss. Zeit also, Bilanz zu ziehen. Was hat es gebracht, das Projekt „Gut, dass Du da bist – Engagement als Weg sozialer Teilhabe“?

Ungefähr 15 Menschen posen am Anleger und lächeln
Die Teilnehmenden des Projekts vor einer Dampferfahrt am Anleger im Treptower Park

Mit Teilnehmenden des Projekts in Verbindung bleiben

Mit dem Projekt sollten Menschen erreicht werden, die aus verschiedenen Gründen sozial nicht so gut eingebunden sind, vor allem wegen längerer Erwerbslosigkeit, gesundheitlicher Einschränkungen oder anderer Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit. Ihnen sollten freiwilliges Engagement als einen Weg zur sozialen Teilhabe eröffnen. Das habe gut geklappt, berichtet Peter Wagenknecht, Projektleiter der oskar | freiwilligenagentur. „Viele der Interessierten konnten wir ins Engagement vermitteln. Außerdem haben wir sie mit Coaching und Fortbildungen unterstützt und ihnen vor allem viel Austausch ermöglicht“, sagt er.

„Viele der Interessierten konnten wir ins Engagement vermitteln … und haben ihnen vor allem viel Austausch ermöglicht.“

Peter Wagenknecht

Nach seiner Einschätzung haben sich die Freiwilligen gegenseitig geholfen und gestärkt, ihr freiwilliges Engagement war tatsächlich ein Weg zur sozialen Teilhabe. Zugleich haben sie an den Orten, wo sie sich eingebracht haben, die positiven Effekte ihres Engagements erlebt. „Wir freuen uns, wenn das weitergeht und wir auch weiter mit den – jetzt ehemaligen – Teilnehmenden des Projekts in Verbindung bleiben“, wagt Peter Wagenknecht einen Blick in die Zukunft. Und er verweist noch auf einen zweiten Aspekt: Auch die Engagement-Landschaft in Hohenschönhausen sollte gestärkt werden. Die nördliche Hälfte Lichtenbergs, eben Hohenschönhausen, komme manchmal zu kurz. „Wir wollten das Engagement, das es hier vielfältig gibt, sichtbar machen und unterstützen. Wir haben die Teilnehmenden unseres Projekts gemeinsam mit anderen Freiwilligen in Hohenschönhausen gefördert, um sie in der Landschaft des freiwilligen Engagements nachhaltig zu verankern“, so die Bilanz von Peter Wagenknecht.

32 Teilnehmende am Projekt

„Gut, dass Du da bist“ – das Projekt war allen im oskar-Team wichtiges Anliegen. Zuletzt waren Josefine Schwarz und Sibylle Häusler vom beruflichen Team bei oskar in unmittelbarer Verantwortung dafür, dass es im Projekt gut voran ging und seine Angebote bei zahlreichen Interessent:innen Anklang fanden. Sibylle Häusler kennt alle Fakten. Denn bei einem vom Europäischen Sozialfond (ESF) geförderten Projekt ist exakt nachzuweisen, was mit dem Geld gemacht und ob es den Regeln gemäß eingesetzt wurde. Wie sie berichtet, waren 32 Teilnehmende im Projekt aktiv.

Eine Gruppe Menschen steht im Kreis auf einem großen Platz mit historischen Gebäuden im Hintergrund
Die Stadtspaziergänge von Achim Jesch führen die Teilnehmenden durch ganz Berlin

Workshops und Stadtspaziergänge gut besucht

14 Workshops haben den Blick geweitet, Erfahrungen bestätigt und neue Erkenntnisse vermittelt. So gab zum Beispiel die Schauspielerin Claudia Schmutzler Tipps und Anregungen zur richtigen Körpersprache. Bei 12 Stadtspaziergängen mit Achim Jesch erfuhren die Teilnehmenden viel Interessantes zur Berliner Stadtgeschichte und so manche Geschichte aus dem Berliner Lebensalltag. Übrigens, Achim Jesch engagiert sich selbst als Freiwilliger bei oskar und bietet die Rundgänge kostenfrei an. Gern angenommen wurden die Einladungen von Dagmar Poetzsch, bei Rundgängen zu in Lichtenberg verlegten Stolpersteinen an die von den Nazis ermordeten Menschen zu erinnern und die Stolpersteine zu putzen. Dagmar Poetzsch ist Ansprechpartnerin für Erinnerungskultur in Lichtenberg. Auch mit dem langjährigen Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) gingen Teilnehmende auf Bustour durch Lichtenberg.

Kulturelle Angebote und Freiwilligentage wecken Lust zum Mitmachen

11 weitere kulturelle Angebote bereicherten das Projekt. Der gemeinsame Besuch in Kino, Theater oder Museum gehörte ebenso dazu, wie der Besuch im Tierpark. Aktiv beteiligten sich Programm-Teilnehmende an den jährlich im September stattfindenden Freiwilligentagen, so zum Beispiel 2020 mit einem Ein-Euro-Trödel für den Guten Zweck auf dem Wochenmarkt vorm Storchenhof.

Im Büro in der Weitlingstraße 89 gibt es eine oskar | galerie. Regelmäßig finden dort Ausstellungen statt, bei denen sich Laien und Künstler:innen vor allem aus Lichtenberg meist im Quartalsabstand präsentieren können. Gemälde, Grafiken, Fotografien aber auch Skulpturen und Keramik waren dort schon zu sehen. Planung und Betreuung der Ausstellungen hatten sich interessierte Freiwillige aus dem ESF-Projekt zum Anliegen gemacht. So manche Vernissage zur Ausstellungseröffnung lud Lichtenberger:innen zum Gedankenaustausch mit den ausstellenden Künstler:innen ein.

Aufmerksamkeit und Austausch contra Corona-Isolation

Eine kleine Menschengruppe auf einem sehr grünen rasen vor einer Eisenskulptur. Die eine Teilnehmerin tut so, als ob sie diese küsst
Ausflug von Teilnehmenden des Projekts nach Beelitz.

Zunächst in der Not geboren während der Corona-Pandemie haben sich online-Meetings bei den Teilnehmenden zu einem gern genutzten Format entwickelt. „Wie geht’s Dir gerade?“ und „Was gibt’s Neues?“ war meist der Anfang für einen lockeren und zwanglosen Plausch. Nicht nur in Zeiten der Isolation boten die Meetings Möglichkeiten für Aufmerksamkeit und Austausch. So manche Verabredung wurde dabei getroffen, als die Pandemie das wieder zuließ. Und ganz nebenbei war es für den Einen oder die Andere auch eine neue Erfahrung im Umgang mit dem Internet – Stichwort Digitalisierung.

Immer einzigartige Geburtstagsgeschenke

Aktiv beteiligt am Projekt war auch Wolfgang Haensel. Er erzählt, dass es 2022 die Einladung zu einem Keramik-Workshop mit Florian Wolf gab. Er sei interessiert gewesen und habe teilgenommen. „Das Formen, Gestalten und Kolorieren der selbst hergestellten Produkte hat mich derart inspiriert, dass ich anschließend eine Möglichkeit suchte, weiter mit Ton zu arbeiten“, sagt er. Und er hat sie gefunden. Erst in einem Arbeitskreis vom Kunsthaus 360° – Raum für Kreativität in Hohenschönhausen. Und als er erfuhr, dass Florian Wolff im Kieztreff Undine einen eigenen, ständigen Arbeitskreis anbieten wird, war er sofort dabei. „Florian hat genau die richtige Art, die Kreativität der Teilnehmenden rauszukitzeln“, so seine Begründung.

„Die Teilnahme am Projekt „Gut, dass Du da bist“ lebt weiter.“

Wolfgang Haensel

Seitdem hat er bereits etliche, wie er selbst sagt mehr oder weniger gelungene Keramiken erschaffen. Und so wirkt die Teilnahme am Projekt „Gut, dass Du da bist“ bei ihm weiter, auch wenn er bedauert, dass so ein Projekt beendet werden muss. Wolfgang Haensel ist im Keramikkurs weiter mit Freude dabei und sagt: „Das Gute daran ist – ich habe jetzt immer einzigartige Geburtstagsgeschenke zur Hand.“

Freiwilliges Engagement verändert sich ständig

Eine Frage bleibt noch: Warum gelingt es nicht, ein ganz offensichtlich nützliches und gut angenommenes Projekt zu verstetigen und auch dann weiter zu führen, wenn die ESF-Förderung endet? Peter Wagenknecht sagt dazu: „Was wir in Zukunft nicht mehr wie bisher anbieten können, ist die besonders intensive Begleitung von Menschen, für die es schwer ist, ein passendes Engagement zu finden, obwohl gerade sie besonders viel davon hätten, sich zu engagieren. Menschen, die im Risiko sozialer Isolation leben.“ Diese Begleitung sei sehr aufwändig. Im Rahmen des Projekts seien bei oskar zwei Mitarbeitende in Vollzeit und vier weitere in einem Teil ihrer Arbeitszeit damit beschäftigt gewesen. Aber aus guten Gründen sei die Unterstützung des freiwilligen Engagements nicht in Form eines Kataloges von staatlichen Pflichtaufgaben fest geregelt (so wie zum Beispiel Sozialleistungen).

„Freiwilliges Engagement ist eine Sache der Bürgerinnen und Bürger und es verändert sich ständig.“

Peter Wagenknecht

„Freiwilliges Engagement ist eine Sache der Bürgerinnen und Bürger und es verändert sich ständig. Deshalb wird immer wieder neu ausgehandelt, was genau in der nächsten Zeit durch die Kommune, das Land, den Bund oder die EU gefördert wird“, so die Meinung von Peter Wagenknecht. Und weiter sagt er: „ Wenn dann ein Projekt, an dem das eigene Herz hängt und in dem viel Gutes entstanden ist, zu Ende geht, so wie das unsere, ist das natürlich sehr schade. Und natürlich ist es kein Trost, dass dafür an anderer Stelle etwas anderes Gutes entsteht und etwas Anderes ausprobiert werden kann. Trotzdem sollten wir das nicht vergessen.“


Lesen Sie hier auch das Interview mit Peter Wagenknecht zum Abschluss des Projektes „Gut, dass Du da bist“.

Mehr Infos zur oskar | redaktion

Webseite des Europäischen Sozialfond, der das Projekt gefördert hat

Dieser Bericht entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
Sie ist die Freiwilligen-Redaktion der oskar | freiwilligenagentur lichtenberg. Freiwillig Engagierte verfassen für die Redaktion Beiträge über Themen im Zusammenhang mit Engagement. Das Format der Beiträge kann in der Redaktion frei gewählt werden, neben Texten sind auch Videos oder anderes möglich. Die jährlich stattfindenden Freiwilligentage stehen besonders im Fokus. Die Redaktion Zeigen, was geht! steht allen Interessierten offen. Wir treffen uns an jedem 2. Donnerstag im Monat. Wer mitmachen möchte, meldet sich bitte bei Gül Yavuz: guel.yavuz@oskar.berlin