Beiträge in der Rubrik #oskarStandPunkt spiegeln die persönlichen Eindrücke der Autor:innen zu Themen wieder, die sie bewegen. Sie werden von freiwilligen Redakteur:innen der oskar | redaktion und Gastautor:innen geschrieben. In diesem Beitrag spricht Dagmar Poetzsch über das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.
Gedanken zu einem Datum deutscher Geschichte von Dagmar Poetzsch, Ansprechpartnerin für Erinnerungskultur in Lichtenberg
Im deutschen Geschichtskalender gibt der 9. November gleich mehrfach Anlass zur Erinnerung. Da ist in der jüngeren Geschichte die Maueröffnung am 9. November 1989 den meisten Deutschen noch gut in freudiger Erinnerung.
Der 9. November 1938 gehört dagegen zu den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte. In der Reichspogromnacht brennen jüdische Geschäfte und Synagogen. Die Erinnerung daran ist mir besonders wichtig.
Das Pogrom steht für den Antisemitismus in Deutschland und den Beginn einer Entwicklung, die in der Verfolgung und Ermordung deutscher und europäischer Juden mündete. Jüdische Mitbürger waren gute Nachbarn und lebten in der Mitte der Gesellschaft. Sie kämpften im 1. Weltkrieg für Deutschland, erhielten Auszeichnungen und viele kamen mit Kriegsverletzungen aus dem Krieg zurück. Und trotzdem sollten sie vernichtet werden, nur weil sie nicht in das Bild des Nazi-Deutschland passten. Das Schicksal vieler Millionen ist bekannt. Sie wurden enteignet, deportiert, gefoltert, gedemütigt und letztendlich ermordet.
Es gibt noch viel zu tun, das wir nur gemeinsam schaffen. Gedenktage reichen nicht aus! Erinnern und Gedenken muss im Alltag passieren.
Dagmar Poetzsch
In der Bewegung Licht-Blicke Fach- und Netzwerkstelle für Demokratie setzen sich viele engagierte Lichtenbergeri*nnen ein gegen das Vergessen, für eine breite und lebendige Erinnerungskultur. Nicht nur Juden waren von Verfolgung und Ermordung betroffen. In allen Lichtenberger Kiezen finden sich Zeugnisse aktiver Gegner des Naziregimes. Oder auch von Zeugen Jehovas, die ihren festen Glauben nicht aufgaben und dafür ermordet wurden. Antifaschisten, Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter mussten oft ihre Aktivitäten im Widerstand gegen die Nazidiktatur mit ihrem Leben bezahlen.
Es gibt eine Vielzahl von Opfergruppen, die in die Gedenk- und Erinnerungskultur mit einbezogen werden, von vielen Initiativen nicht nur in Berlin. Allerdings gibt es auch noch viel zu tun, das wir nur gemeinsam schaffen. Gedenktage reichen nicht aus! Erinnern und Gedenken muss im Alltag passieren. So wie mit den 148 bisher in Lichtenberg verlegten Stolpersteinen. Sie sind Mahnmale im alltäglichen Leben, nämlich dort, wo die Opfer des Holocaust gelebt haben.
Froh bin ich darüber, dass die unterschiedlichen Akteure in den Kiezen zur Unterstützung bereit sind.
Gern bin ich Teil dieser Bewegung und freue mich auf weitere Unterstützung und Mitarbeit.
Dagmar Poetzsch ist Ansprechpartnerin für Erinnerungskultur in Lichtenberg;
bei Licht-Blicke Fach- und Netzwerkstelle für Demokratie;
bei pad gGmbH
Kontakt: stolpersteine@licht-blicke.org
Dieser Beitrag entstand in der Redaktion Zeigen, was geht!
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